WiYou - Wirtschaft und Du - Ausgabe 03/2013 - page 34

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 3­2013
Foto: Malteser
Dein Engagement
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„Oft wissen die Menschen einfach nicht, wie man in einer Notsituation rich­
tig hilft und tun dann lieber gar nichts.“
Um daran etwas zu ändern, packt der
19­jährige Johannes täglich seine Ausrüstung zusammen und macht sich auf
den Weg zu Erste Hilfe­Lehrgängen in ganz Thüringen. Und zwar nicht, um
selbst etwas zu lernen, sondern um anderen etwas beizubringen. Denn Jo­
hannes ist im Auftrag des Malteser Hilfsdienstes unterwegs. „Ich wollte nach
dem Abitur nicht sofort studieren, sondern erstmal ein bisschen weg von der
Schulbank. Ein Freiwilliges Soziales Jahr schien dafür genau das Richtige zu
sein. Ich traf dann durch Zufall auf meinen Vorgänger hier und der erzählte
mir von seiner Arbeit. Das klang spannend und passte auch zu meinen Plänen,
später Lehramt zu studieren.“ Johannes bewarb sich bei den Maltesern in
Erfurt und bekam die Stelle als Ausbilder. Ganz neu war das Thema „Erste
Hilfe“ für ihn selbst dabei nicht. „Meine Eltern sind beide Ärzte und da habe
ich natürlich schon immer etwas mitbekommen.“ Auch hatte er einen Lehr­
gang in der Schule dazu. „Aber selbst zu unterrichten, ist was ganz anderes.“
Johannes absolvierte zur Vorbereitung eine Ausbilderschulung. In Seminaren
lernte er dort zum einen die theoretischen Inhalte und die didaktische
Methoden kennen, und zum anderen, wie man beides miteinander verknüpft.
Bevor er dann allein einen Kurs leiten durfte, hospitierte und assistierte bei
anderen Kursleitern. „Man darf keine Angst davor haben, vor Leuten zu reden
und man muss sich durchsetzen können.“ Denn nicht alle besuchen die
Lehrgänge freiwillig. „Wir sind beispielsweise auch in Betrieben zur Ausbildung
der Ersthelfer oder in Schulen unterwegs. Da sitzen auch mal 14­Jährige, die
keine Lust haben, Bauarbeiter, die denken, sie brauchen so was nicht, oder
Im vollbesetzten Bus: Eine junge Frau bricht zusammen. Die anderen Fahrgäste drehen sich weg und tun so, als ob sie nichts bemerkt hätten oder gucken
einfach nur betreten auf den Boden. Keiner hilft. Warum? Vielleicht, weil keiner weiß, wie. Vielleicht, weil zwar jeder schon einmal etwas von Erster Hilfe
gehört hat, aber sich keiner mehr so genau daran erinnern kann.
Hier werden Sie geholfen
Rentner, die sich von so ‚Jungspunden’ nichts sagen lassen wollen.“ Man müs­
se auch damit umgehen können und wissen, wie man die Leute trotzdemmo­
tiviert. Mit der Zeit habe man da den Dreh raus. „Oft kommen nach so einem
Kurs Menschen zu mir und sagen, am Anfang wollten sie gar nicht mitmachen,
aber jetzt fänden sie es richtig gut. Das wiederum motiviert mich natürlich
wieder und ist ein toller Lohn für meine Arbeit.“ Und die ist ganz schön um­
fangreich. Johannes leitet nicht nur die Kurse, sondern arbeitet auch im Büro
und organisiert das ganze „Drumherum“, also die Abstimmung der Kurster­
mine, Information der Teilnehmer und schließlich auch die Vorbereitung der
Ausrüstung, wie das Desinfizieren der Beatmungsmasken oder das Zusam­
menstellen von Infomaterial.
Als FSJ´ler hat man zudem über das Jahr verteilt immer wieder Seminare
und
da man hier in Erfurt eng mit dem Rettungsdienst zusammenarbeiten, sogar
die Möglichkeit, mal auf dem Rettungswagen mitzufahren oder Veranstal­
tungen abzusichern. „Ich finde das gut, denn wenn man selbst schon mal eine
Notsituation live erlebt hat, hilft das im Unterricht“, sagt Johannes. Auch brin­
ge das einen menschlich weiter. „Ich habe viel über mich selbst gelernt, weiß
jetzt, wie es ist, wenn man Verantwortung übernehmen muss und bin selbst­
bewusster geworden.“ Jetzt, kurz vor dem Ende, findet Johannes: „Das war
ein tolles Jahr. Es hat mich auch in der Lebensplanung vorangebracht. Mir
macht das Unterrichten unheimlich viel Spaß, aber es ist auch sehr anstren­
gend und irgendwie doch nicht das, was ich hauptberuflich machen möchte.
Ich habe beschlossen, stattdessen Geowissenschaften zu studieren.“ (mü)
Wer: Du hast deine Schulpflicht erfüllt und hast
aber das 27. Lebensjahr noch nicht beendet.
Wo: Die rund 40.000 FSJ­Stellen findest du vor
allem in den Bereichen der Sozialen Arbeit, wie
Kinder­ und Jugendhilfe und Gesundheits­
pflege. Außerdem gibt es das Freiwillige öko­
logische Jahr zum Beispiel in der Kultur und
Denkmalpflege.
Wie lange: In der Regel 12 Monate. Je nach
Einsatzstelle ist aber Verkürzen oder
Verlängern um jeweils sechs
Monate möglich.
Was gibt’s dafür: Ein
Taschengeld und jede
Menge Erfahrungen, die
dich auch in Sachen Berufs­
wahl weiterbringen können.
Freiwilliges
Soziales
Jahr
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