WiYou - Wirtschaft und Du - Ausgabe 03/2013 - page 30

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 3­2013
Foto: Manuela Müller
Schwerpunkt
30
„Unter Stuck versteht man die plastische Ausformung von zum Beispiel
Mörtel.
So was wie die Dekoration von Wänden, Decken oder Fassaden“, er­
klärt Sissy. „Allerdings stehen wir nicht den ganzen Tag mit einem kleinen
Pinsel auf der Leiter, wie es auf Bildern oft dargestellt wird. Natürlich gehört
das auch dazu, aber ein Großteil der Arbeit ist weniger ‚malerisch’, auch wenn
gerade das Malern dazugehört.“ Als Stuckateur streicht man auch Fassaden,
verputzt Wände, montiert Dämmstoffe, stellt Trockenbauwände auf oder setzt
Rollläden ein. „Das sollte man wissen, bevor man sich für diesen Beruf ent­
scheidet. Ich selbst kenne viele, die in der Branche arbeiten und viel darüber
erzählt haben, aber trotzdem habe ich erstmal ein einjähriges Praktikum ge­
macht, bevor ich die Ausbildung begonnen habe.“
Auch Sissy hatte sich die Arbeit anfangs ein bisschen leichter vorgestellt.
„Wir sind nun mal auch auf dem Bau unterwegs, müssen Säcke schleppen
oder schwere Gesimse heben. Man hat als Frau schon Hilfe von den Kollegen,
muss aber trotzdem zupacken können“, weiß sie inzwischen. „Aber es gibt
eben auch so viele schöne Sachen. Ein altes Denkmal restaurieren zum
Beispiel.“ Dafür macht Sissy dann erstmal eine Bestandsaufnahme, bevor sie
mit der eigentlich handwerklichen Arbeit anfängt. Man fertigt Zeichnungen
an, vermisst und berechnet alles, bevor man anfängt, den Stuck freizulegen.
„Dazu kratze ich dann den Putz quasi Stück für Stück ab.“ Dafür braucht sie
neben einem kleinen Skalpell vor allem Geduld. „Je nach Größe und Zustand
des Stucks ist das ein sehr großer Aufwand, der richtig viel Zeit kostet, aber
auch wahnsinnig viel Spaß macht. Vor allem, wenn man dann irgendwann al­
les freigelegt hat und anfängt, es langsam wieder aufzubauen, so dass es wie­
der aussieht wie „neu“, oder eben alt. Ab und zu müssen dafür auch ganze
„Bauteile“ ersetzt werden, wenn beispielsweise an einer Figur ein Fuß abge­
brochen ist. „Die gießen und modellieren wir dann oft freihand, das mache
ich auch richtig gern.“ Kreativität und ein gutes räumliches Vorstellungs­
vermögen sind natürlich sehr wichtig dafür, aber man muss auch sein Hand­
werk beherrschen, also die Materialien und die Arbeitstechniken kennen.
Dafür gibt es die Theorie in der Berufschule und überbetrieblich praktische
Übungen im Bildungswerk. „Hier gibt es eine Werkstatt für die Stuckateure,
wo wir an Modellen üben. Die Originale wären dafür wirklich zu schade.“
Deshalb ist während der dreijährigen Ausbildung, die Sissys bei Stuck­Hof­
Restaurierungen in Erfurt absolviert, auch immer ein Meister in der Nähe.
„Ich arbeite viel draußen an der frischen Luft, das finde ich toll, und ich bin
als Stuckateur sehr viel unterwegs.
Ich war zum Beispiel gerade erst an der
Ostssee und in Berlin. Ich kann da gar nicht von ‚Arbeitsalltag‘ sprechen, weil
es wirklich jeden Tag etwas anderes ist. Klar gibt es auch mal eintönige Sachen,
wie eine Hauswand grau anstreichen oder Wände isolieren, aber selbst dann
sieht man danach immer ein Ergebnis seiner Arbeit und freut sich darüber.“
Sissy möchte auch nach ihrer Ausbildung weiter in diesem Bereich arbeiten.
„Vielleicht mache ich auch noch eine Weiterbildung als Restaurateurin. Da
geht es dann nicht nur um die praktische Umsetzung, sondern auch um die
Geschichte hinter dem jeweiligen Stuckwerk, das finde ich inzwischen total
spannend.“ (mü)
Wie man aus Gips, Stuck, Kalk, Zement oder Mörtel bleibende Kunst schafft? Ganz einfach, man ruft einen Stuckateur (oder eine Stuckateurin) zu Hilfe. Wie
Sissy zum Beispiel. Die 21­Jähirge steckt zwar noch mitten in der Ausbildung, aber wie man aus unscheinbaren Materialen echte Meisterwerke aufbaut, weiß
sie schon sehr genau.
Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
Stuckateure verschönern die Fassaden von
Gebäuden und die Wände von Innenräumen,
restaurieren Denkmäler, fertigen Gipsorna­
mente (Stuck) als Dekor und verkleiden Räume
und Gebäude.
Dauer: 3 Jahre
Voraussetzungen: handwerkliches Geschick,
körperliche Belastbarkeit, räumliches
Vorstellungsvermögen, Kreativität
Chancen: Nach deiner Ausbildung,
für die ein Hauptschulab­
schluss ausreichend ist,
startest du als Geselle ins
Berufsleben. Es gibt viele
Weiterbildungs­ und Spezia­
lisierungsmöglichkeiten wie
zum Meister oder Restaurator.
Stuckateur
(m/w)
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